Computerspielwissenschaften – Konzept

Grundgedanke

Der Masterstudiengang „Computerspielwissenschaften“ sieht sich in der Tradition anderer Disziplinen, die sich wissenschaftliche mit einem Medium auseinandersetzen, von der Literatur- und Theater- bis zur Film- und Fernsehwissenschaft. Uns geht es darum, ein systematisches und fundiertes Verständnis für das Medium Computerspiel zu vermitteln und dabei sowohl kulturhistorische und medientheoretische Einordnungen vorzunehmen als auch technische und algorithmische Kompetenzen für die Realisierung eigener Projekte zu fördern, in denen die Ausdrucksmöglichkeit des Mediums erforscht und erweitert wird.

Qualifikationsprofil der Studierenden

Der typische Bewerber und die typische Bewerberin hat entweder einen BA-Abschluss mit Games-Bezug bzw. einen informatiknahen oder mediennahen Studiengang abgeschlossen, in dem er oder sie sich bereits mit Spielen beschäftigt hat. Je nach Ausbildungshintergrund werden propädeutische Module der Medienwissenschaft bzw. der Informatik nachzuholen sein.

Während des viersemestrigen Studienverlaufs werden sowohl medienwissenschaftliche als auch informatische Konzepte und Methoden vermitteln, um Computerspiele als Medium sowohl in ihrer soziokulturellen Bedeutung als auch in ihrer technischen Gemachtheit zu verstehen, sie kritisch einzuordnen und aktiv mitzugestalten. Je nach gewähltem Studienschwerpunkt wird anschließend eine wissenschaftliche Weiterqualifikation in dem angeschlossenen Promotionsprogramm Computerspielwissenschaften oder eine Karriere in der Spieleindustrie angestrebt.

Aufbau des Studiengangs

Der Studiengang wird aus den beiden Säulen Medienwissenschaft und Informatik gebildet, die durch Theorie/Praxis-Veranstaltung sowie Projekte explizit miteinander verbunden werden.

Die inhaltlichen Schwerpunkte der beiden Bereiche werden auf der Basis des jeweiligen Fachwissens und korrespondierender Methoden vermittelt. In den Theorie/Praxis-Modulen stehen die Schnittstellen und Beziehungen zwischen theoretischen Perspektiven und konzeptuellen und technischen Umsetzungen im Mittelpunkt des Interesses.

Die Gliederung des Studiengangs sowie ein exemplarischer Studienverlauf ist in folgendem Diagramm abgebildet:

 

 

Der Studiengang umfasst folgende Modulbereiche:

0. Propädeutikum (nicht im Diagramm)

Legt verpflichtend die Grundlage für Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die nicht genügend Vorkenntnisse in einem der beiden Bereiche mitbringen.

1-2. Medienwissenschaft

Zu den medienwissenschaftlichen Veranstaltungen gehören beispielsweise: Medienkultur(en), Mediengeschichte(n) und Medienästhetik(en) des Computerspiels, Medien- und Kulturtheorie, Theorien der Digitalisierung, Bild- und Raumtheorie, Audiotheorie, Erzähltheorie, Interaktivität, Vernetzung, Game Studies. Angedacht sind auch thematische Seminare zu gesellschaftspolitischen Fragen, die via Game Studies bearbeitet werden können.

Darüber hinaus sollen Praxisseminare die Theorie und Praxis verbinden. In diesen Veranstaltungen werden medienwissenschaftliche und medienpraktische Perspektiven auf das Computerspiel übertragen. Geplant ist die Entwicklung und Durchführung innovativer Lehr- und Forschungsformate wie etwa die wissenschaftlich-praktische Arbeit an Semesterthemen, freies (ggf. betreutes) Arbeiten im Team, der Entwurf von Design-Heuristiken oder auch der Einsatz von Prototyping als Methoden spielanalytischer Forschung; angedacht ist zudem die konzeptionelle Begleitung der Ludium-Generale-Module. Weitere Themen umfassen experimentelles Gamedesign, Interfaces, Interactive Storytelling, Persuasive, Pervasive, Serious Games, Gamification, Augmented Reality, Crossmedia Gaming, Balancing, Level Design.

3. Projekte

In Projekten werden die konzeptionellen Vorarbeiten praktisch umgesetzt. Mögliche Organisationsformen der praktischen Arbeiten umfassen u.a. eine simulierte oder tatsächliche Firmengründung mit Unterstützung durch das Gründerzentrum, Spielprojekte als Portfolioarbeit oder Praxis-Blockseminare, z.B. GameJams mit anschließendem Polishing zur Veröffentlichung.

Projekte verbinden die Modulbereiche der Medienwissenschaft und der Informatik.

4-5. Informatik

Module mit deutlichem Computerspielbezug sind z.B. Computergrafik I, II, III Software Engineering I, II, Künstliche Intelligenz I, II, Mensch Computer Interaktion, Animation und Simulation.

Darüber hinaus werden neue Seminare eingerichtet zu Themen wie Algorithmen für Computerspiele (KI, Physik, Grafik), Game Engines, vernetzte Spiele, Browsergames.

6. Intra-/Interdisziplinäres Ergänzungsstudium (Ludium Generale)

Hier können, in Absprache mit der Studiengangsmoderin oder dem Studiengangsmoderator, freie Module aus beliebigen Studiengängen gewählt werden. Dazu gehören auch Module aus dem Gründerzentrum, die bei dem Weg in die Selbstständigkeit helfen (Stichwort: Entrepreneurship). Im Gegensatz zum Studium Generale kann bei den Modulprüfungen eine Anwendung auf das Thema Computerspiele gewählt werden, um das Erlernte z.B. in ein Spielkonzept zu überführen.

7. Abschluss-Modul Master-Arbeit

Die Masterarbeit soll in einem begleitenden Kolloquium verteidigt werden.

Ausbildungsziele

Die Besonderheit des Masters Computerspielwissenschaften liegt in der Verbindung von Medienwissenschaft und Informatik mit der gleichzeitig angebotenen Möglichkeit, bestimmte Aspekte der Ausbildung zu vertiefen. Diese Vertiefung ist nicht als eine Form unabhängiger Studienpfade oder getrennter Lehrangebote zu verstehen, sondern erfolgt durch die Auswahl von Lehrveranstaltungen im Wahlpflichtbereich im 1. Semester und in der Angewandten Informatik, von Prüfungsformen (Konzeption oder Werkstück in Projekten), im Ludium Generale (frei wählbare Studieninhalte) und in der Masterarbeit. Insgesamt bestehen für gut die Hälfte der 120 Leistungspunkte Wahlmöglichkeien.

Studierende können ihren Schwerpunkt in den folgenden vier Bereichen legen:

  • Die Spezialisierung Media Scholar (Games) bereitet auf eine Tätigkeit als Medienwissenschaftlerin oder als Medienwissenschaftler vor. Hier steht die medienwissenschaftliche Betrachtung von Spielkulturen im Mittelpunkt, die sich z.B. in einer historischen, ästhetischen oder kulturwissenschaftlichen Herangehensweise an das Phänomen Spiel äußert. Eine Spezialisierung als Media Scholar (Games) bereitet insbesondere auf eine medienwissenschaftliche Promotion vor, die im Anschluss im Rahmen des Promotionsprogramms Computerspielwissenschaften an der Universität Bayreuth durchgeführt werden kann.
  • Die Spezialisierung Computer Scientist (Games) bereitet auf eine Tätigkeit als Informatikerin oder als Informatiker vor. Hier steht die informatische Betrachtung von Computerspielen im Mittelpunkt, die sich auf einen technischen Aspekt des Phänomens Spiel konzentrieren kann, z.B. Computergrafik, künstliche Intelligenz oder Physik. Eine Spezialisierung als Computer Scientist(Games) bereitet insbesondere auf eine informatische Promotion vor, die im Anschluss im Rahmen des Promotionsprogramms Computerspielwissenschaften an der Universität Bayreuth durchgeführt werden kann.
  • Die Spezialisierung Game Designer bereitet auf die Tätigkeit als Spieleentwicklerin oder als Spieleentwickler vor. Hier steht die konzeptuelle Tätigkeit der Spielentwicklung im Mittelpunkt, die sich in reflektierten Spielentwürfen zu verschiedenen Themen äußert. Eine Spezialisierung als Game Designer bereitet insbesondere auf Gründung eines Entwicklerstudios vor, die im Rahmen des Gründerzentrums an der Universität Bayreuth realisiert werden kann. Die Tätigkeiten einer Game Designerin bzw. eines Game Designers dürfen nicht verwechselt werden mit denen eines Game Artist. Die Game Designerin oder der Game Designer entwirft das Spiel und trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt, die oder der Game Artist ist für die Umsetzung von Gestaltungsaufgaben wie Concept Art, Modelling, Texturing, Animation etc. zuständig. Derartige künstlerische Kompetenzen können in Bayreuth weder bis zur Berufsreife ausgebildet noch von den Bewerberinnen und Bewerbern erwartet werden. Für Spielprojekte mit Bedarf an hochwertigen audiovisuellen Assets sind Kooperationen mit Designhochschulen geplant, z.B. mit der Hochschule Augsburg, der Mediadesign Hochschule München oder mit der Technischen Hochschule Nürnberg.
  • Die Spezialisierung Game Developer bereitet auf die Tätigkeit als Spieleprogrammiererin oder als Spieleprogrammierer vor. Hier steht die praktische Tätigkeit als Spielprogrammiererin oder als Spieleprogrammierer im Mittelpunkt, die sich in prototypischen Umsetzungen von Spielentwürfen äußert. Eine Spezialisierung als Game Developer bereitet insbesondere auf Gründung eines Entwicklerstudios vor, die im Rahmen des Gründerzentrums an der Universität Bayreuth realisiert werden kann.

Unabhängig von der Spezialisierung werden alle Studierenden mit allen vier Bereichen in Berührung kommen. Der Studiengang steht daher nicht in Konkurrenz zu reinen Master-Studiengängen der einzelnen Fächer oder zu berufsnahen Studiengängen an Hochschulen und bei privaten Bildungsträgern. Weder kann die oder der Media Scholar (Games) diese praktischen und informatischen Kompetenzen in einem klassischen medienwissenschaftlichen Master-Studiengang, noch kann die oder der Computer Scientist (Games) diese medienwissenschaftlichen und konzeptionellen Kompetenzen in einem klassischen Master-Studiengang der Informatik erwerben. Die anwendungsorientierten Studiengänge an Hochschulen bieten keine fachwissenschaftliche, insbesondere keine geisteswissenschaftliche Vertiefung.

Eine anschließende Promotion setzt eine wissenschaftliche Spezialisierung als Media Scholar (Games) bzw. als Computer Scientist (Games) voraus. Liegen die hierfür erforderlichen wissenschaftlichen Leistungspunkte nicht vor, kann zwar mit der Promotion begonnen, die fehlenden Punkte müssen aber im weiteren Verlauf erworben werden.

Berufsfelder

Die Expansion der Computerspiele bedingt sowohl  eine Ausweitung des Bedarfs an gut ausgebildeten akademischen Kräften als auch die Notwendigkeit einer Neuentwicklung von Studiengängen mit entsprechenden Qualifikationsprofilen. Die Weiterentwicklung des Mediums erfordert in zunehmendem Maße nicht mehr rein technisch ausgebildete ‚Expertinnen und Experten’, sondern Absolventinnen und Absolventen mit einem breiteren medien- und technikwissenschaftlichen Horizont, die befähigt sind, komplexe Zusammenhänge zu analysieren und Prozesse der medialen Produktion und Rezeption von Computerspielen zu steuern. Der Master-Studiengang Computerspielwissenschaften bietet die Chance, auf diese Herausforderungen zu reagieren und zusätzliche Kompetenzen zu erwerben, die den Absolventinnen und Absolventen folgende Berufsfelder eröffnen:

  • Wissenschaftliche Weiterqualifizierung
  • Tätigkeiten in der Spiele- und Medienindustrie
    • Programmierung (Middleware, KI, Grafik, Interfaces, Gameplay)
    • (Technisches) Gamedesign
    • Game writing
    • Koordinatorische Tätigkeiten in Marketing oder Marktforschung
    • Koordinatorische Tätigkeiten in den Bereichen Lokalisierung, QA und Testing
  • Beratung in Bereichen wie gamification und game-based learning in unterschiedlichen Branchen
  • Redaktionelle Tätigkeiten
  • Erwachsenenbildung sowie Fort- und Weiterbildung
  • Organisatorische und kuratorische Tätigkeiten in Kulturreferaten und ähnlichen Institutionen
  • PR, spielorientiertes Marketing, Kulturmanagement
  • Journalismus (nicht ausschließlich im  Bereich der Spielepresse)

Zur Vermittlung von Praktika und für gelegentliche Gastvorträge, die zusätzliche Perspektiven für mögliche spätere berufliche Tätigkeiten bieten, bestehen nationale und internationale Kontakte in die Computerspielindustrie.

Die Berufschancen in der nationalen und internationalen Spieleindustrie sind übrigens hervorragend.

Gesamtqualifikation

Am Ende des Studiums im Master Computerspielwissenschaften können Studierende:

  • Computerspiele als Medienprodukte analysieren, historisch, sozial, kulturell und medial kontextualisieren und auf verschiedenen Ebenen interpretieren
  • Computerspiele als informationstechnische Systeme analysieren, modellieren und prototypisch umsetzen
  • sich fachlich fundiert zu Computerspielen und zur Spiele-Branche äußern
  • selbstständig zu spezifischen Fragestellungen recherchieren und die Ergebnisse in Form von Spielkonzepten, Prototypen oder schriftlichen Texten umsetzen
  • kreative Impulse für die Entwicklung von Computerspielen geben
  • zielorientiert im Team an der Realisierung von Computerspiel-Projekten arbeiten

Der Studiengang vermittelt fachwissenschaftliche Grundkompetenzen sowie die Fähigkeit zu einer praktischen medialen Umsetzung von wissenschaftlichen und kreativen Spiel-Konzepten. Zusätzlich werden die Studierenden gezielt dazu angeleitet, Teamfähigkeit zu entwickeln und im Team Forschungsprojekte umzusetzen und Computerspiele zu gestalten.

Nach oben scrollen